Wie lang muss eine Geschichte eigentlich sein? Bereits wenige Sätze reichen, um ganze Welten zu erschaffen – egal ob für Science Fiction oder einem anderen Genre.
Bei Tiny Tales – manchmal auch Bierdeckelgeschichten genannt – handelt es sich um extrem kurze Geschichten, die in der Regel aus nur wenigen Sätzen besteht. Sie versucht, eine komplette Erzählung mit Anfang, Mitte und Ende in einem sehr begrenzten Raum zu vermitteln. Diese Art von Geschichten ist oft pointiert, überraschend oder emotional, und sie verlässt sich darauf, dass der Leser vieles zwischen den Zeilen interpretiert.
Eine der berühmtesten Geschichten ist folgende:
„For sale: Baby shoes, never worn.“
„Zu verkaufen: Baby Schuhe, noch nie getragen.“
Diese ultrakurze Geschichte wird dem Autor Ernest Hemingway zugeschrieben, auch wenn das nicht eindeutig belegt werden kann. Sie zeigt aber eindrucksvoll, wie es innerhalb einer Zeile zu einer dramatischen Wendung kommt. Wir erfahren zwar nicht genau, was passiert ist, aber es muss etwas schreckliches sein. Sonst müsste der Verkäufer – wahrscheinlich ein Elternteil – nicht die ungetragenen Baby-Schuhe verkaufen. Wahrscheinlich ist es während der Geburt oder noch davor gestorben. Vielleicht kam auch dabei die Mutter um. Wir wissen es nicht und das regt die Fantasie umso mehr an.
Tiny Tales in Deutschland
Wer Tiny Tales erfunden hat, lässt sich nicht belegen. Extrem kurze und pointierte Geschichten gab es bereits vor Hemmingway und in unterschiedlichen Kulturräumen. Beispielsweise gibt es in der spanischsprachigen Literatur seit dem 20. Jahrhundert eine starke Tradition von Microcuentos (Mikrogeschichten), die Tiny Tales ähneln. Autoren wie Augusto Monterroso haben diese Form populär gemacht. Sein berühmtestes Beispiel ist:
„Cuando despertó, el dinosaurio todavía estaba allí.“
„Als er erwachte, war der Dinosaurier noch da.“
– Augusto Monterroso
Mit dem Aufkommen des Internets in den 90er und Plattformen wie Twitter (mit seinem begrenzten Zeichenlimit) haben sich kurze Erzählformen stark verbreitet. Besonders in sozialen Medien sind Tiny Tales beliebt geworden, da sie perfekt in kurze Posts passen.
In Deutschland steht vor allem ein Name für Tiny Tales: Florian Meimberg. Der deutsche Regisseur und Autor begann Anfnag der 2010er Jahren auf Twitter Tiny Tales zu veröffentlichen. Tiny Tales wie:
„Die Weltbevölkerung war fassungslos. Die Gerüchte stimmten: Man hatte eine zweite Zivilisation entdeckt. Auf der Außenhülle der Erde.“
– Florian Meimberg
Oder:
„Das kleine Holzboot stemmte sich gegen die Wellen. Dan paddelte. Er starrte in das dunkle Wasser. Irgendwo da unten musste Manhattan sein.“
– Florian Meimberg
Seine Tiny Tales sorgten nicht nur für eine große Fangemeinde auf Twitter, sondern mündeten auch in einem Grimme Online Award für Florian Meimberg und in einer Buchveröffentlichung. Das Buch ist immer noch erhältlich und sehr lesenswert.
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Auf die Länge kommt es an
Tiny Tales. Sehr kurze Geschichten
Von Florian Meimberg
Mittlerweile hat Florian Meimberg auch vier seiner Tiny Tales verfilmt und daraus Micro Movies gemacht. Sie lassen sich alle auf seiner Website florian-meimberg.com abrufen. Hier ein kleiner Vorgeschmack:
Noch mehr Tiny Tales Beispiele für euch
Auch wir von SCIFI PUNK lieben Tiny Tales und veröffentlichen regelmäßig Geschichten in unserem Newsletter – natürlich mit dem Fokus auf Science Fiction. Geschichten wie:
Begeistert blickte der Junge durch sein Fernrohr in den Nachthimmel. Er fixiert einen fernen Planeten. „Das muss die Erde sein.“
– Basti Barsch
Oder:
Tim zerrte an seinen Ketten. Wenn er doch nur an sein Smartphone kommen könnte. Oben hörte er bereits die jubelnden Massen im Kolloseum.
– Basti Barsch
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